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Dr. Joachim Hegmann: "Naturnahe Gärten: Man sollte Wildnis nicht mit völligem Chaos verwechseln"

Ein Interview mit Dr. Joachim Hegmann, er ist promovierter Chemiker und hat viele Jahre „nebenbei" private und öffentliche Gärten geplant und gestaltet. Seit 2015 ist er hauptberuflich als Gartenplaner aktiv und hat sich insbesondere einen Namen gemacht in der Gestaltung naturnaher Gärten. Darüber hinaus ist er bekannt als Gartenfotograf, Buchautor und gern gehörter Referent zu verschiedensten Gartenthemen.

Dr. Joachim Hermann, Gartenplaner, Gartenfotograf, Buchautor und Referent
Dr. Joachim Hermann, Gartenplaner, Gartenfotograf, Buchautor und Referent

Wie ist Ihre späte Berufung zur Gartenplanung entstanden? 

Dr. Hegmann: Eine enge Verbindung und Liebe zur Natur, zu Pflanzen, zu Wiesen, zu Wald hatte ich schon ganz früh. Gärten gestaltete ich einige Zeit parallel zu meinem Beruf als Chemiker, so auch einige Staudenbeete in meiner alten Firma, die es jetzt noch gibt. Und sehr vieles in meinem Berufsleben wie Projektmanagement, Betriebswirtschaft, Marketing, Kundenkontakte sind mir auch jetzt sehr hilfreich.

Was hat der Garten mit der Chemie zu tun?

Dr. Hegmann: 
Sehr viel. Beides braucht große Lust zum Entdecken, Erfinden und Experimentieren. Im Grunde sind beide auf ihre Weise Natur-Wissenschaften. Dazu kommen meine Begeisterung und Leidenschaft für beides.

Sie sind inspiriert vom sogenannten „New German Style". Wie würden Sie diesen Stil Menschen beschreiben, die gerade noch nach einer Lösung für ihren Garten suchen?

Dr. Hegmann: 
Den Begriff „New German Style" hat der englische Gartenarchitekt Steven Lacy geprägt, nachdem er bei einer Deutschland-Exkursion im Jahr 1992 von den naturalistischen und Standort-gerechten Pflanzungen in Weihenstephan, Weinheim und im Westpark in München (Pflanzungen von Rosemarie Weisse) begeistert war. Das war damals nahezu unbekannt in England. Mich selbst inspiriert unendlich viel. Der Hermannshof bei mir um die Ecke und damit auch Cassian Schmidt, der mich selbstverständlich stark beeinflusst hat. Aber auch jede spannende Wiese, Wälder, Ruderalflächen, jede Art von kreativen Gärten, Kunst, Musik inspirieren mich zu meinen Gestaltungen. Und nicht zuletzt der Austausch mit meinem wunderbaren Gartenfreund Harald Sauer generiert immer wieder neue Einfälle.

Sie sind bekannt für die Gestaltung naturnaher Gartenbereiche: Wie gelingt es, in einem gepflanzten Miteinander von Gräsern und Stauden tatsächlich den Charakter von Wildnis zu erzeugen?

Dr. Hegmann: 
Gute Frage! Man sollte erstmal Wildnis nicht mit völligem Chaos verwechseln, wobei die Grenzen fließend sein können, wenn auch ungewollt. Im Grunde müssen wir nur genau schauen, wie es die Natur macht. Gräser spielen daher eine ganz wichtige Rolle in einer „wilden Wiese" oder in einem naturhaften Staudenbeet. Ich bevorzuge Wildpflanzen mit eher kleinen Blüten, viele davon heimisch, aber auch aus der Prärie oder Steppe. Ich versuche, die Pflanzen miteinander zu verweben, ob in Drifts, in einer Matrix - meist aus Gräsern - oder ich tupfe einzelne Stauden über die Beete. Auch die Dynamik und Selbstversamung von Stauden sorgen für einen wilderen Charakter. Aber ein Mindestmaß an gestalterischer Ordnung - bitte nicht mit ordentlich verwechseln - ist mir wichtig, nicht zuletzt für eine machbare Pflege.

Was sind aus Ihrer Erfahrung die besonderen Vorteile naturnaher Gärten ... und, um einen Aspekt gleich vorwegzunehmen: Sind diese vielleicht bei vielen Gartenbesitzerinnen und -besitzer so beliebt, weil sie nur wenig Pflegeaufwand beanspruchen?

Dr. Hegmann: 
„Pflegeleicht" ist (leider) einer der Top-Wunschträume der meisten Gartenbesitzerinnen und -besitzer, die ich kenne. Wenn ein naturnaher Garten oder auch naturalistische Staudenbeete gekonnt geplant und umgesetzt wurden, dann ist der Pflegeaufwand vergleichsweise niedrig. Ein wichtiges ABER: Es braucht dabei Pflanzenkenntnisse und ein Gefühl für die Pflanzen und die Gestaltung. Mit Dynamik sollte man umgehen können. Und man sollte die „guten" von den „bösen" Sämlingen unterscheiden lernen. Und die Pflege muss auch hier regelmäßig erfolgen. Ohne gute Pflege gibt es KEINEN Garten.

Wie reagieren Sie in der Gartenplanung auf die Veränderungen infolge des Klimawandels? Brauchen wir andere Arten und Sorten bei Gehölzen, Stauden, Gräsern?

Dr. Hegmann: 
Ich wohne in einer besonders warmen, im Sommer schon immer heißen und trockenen Ecke Deutschlands, in der Pfalz. Deshalb habe ich mich schon sehr lange mit Pflanzungen und Gärten befasst, die Trockenheit und Hitze gut vertragen. Ich habe mich längst von Rittersporn verabschiedet und auch vom heiligen Gral vieler Gärten: dem Rasen. Es gibt ganz wundervolle einheimische Klima-Künstler bei den Stauden und bei den Gehölzen, wie die Goldhaaraster, Wiesensalbei oder den ganz gewöhnlichen Feldahorn, den Französischen Ahorn und viele andere. Und wenn es noch heißer wird, müssen wir auch in die Eurasischen Steppen schauen oder ins Mittelmeergebiet.

Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner wünschen sich oft, dass die Gartenplanung noch „Freiheitsgrade" in der Umsetzung ermöglicht, die sich in der Bauphase entwickelt. Wie ist Ihre Erfahrung in der Zusammenarbeit von Planung und Ausführung?

Dr. Hegmann: 
Das ist ein heißes Thema! Mir liegt eine gute und kreative Zusammenarbeit mit den Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern sehr am Herzen. Planerinnen, Planer und Ausführende können definitiv sehr voneinander profitieren. Für einen guten Garten braucht es gestalterische Visionen, sehr gute Pflanzenkenntnisse und selbstverständlich eine Menge Know-how für eine hochwertige fachgerechte Umsetzung. Ich bin immer offen für gute Ideen. Aber ich bin auch hartnäckig, wenn ich von meinen Visionen und Planungen felsenfest überzeugt bin. 

Mehr unter: www.mein-traumgarten.de
Quelle: www.bgl.de

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